Carinhall

Carinhall war ein repräsentatives Anwesen des Reichsmarschalls Hermann Göring. Das Anwesen lag in der Schorfheide zwischen Großdöllner See und Wuckersee im Norden des heutigen Bundeslandes Brandenburg. Am 28. April 1945 wurde Carinhall durch Zündung von 82 schweren Fliegerbomben gesprengt. Vor der Sprengung wurden schwere und sperrige Kunstgegenstände der Kunstsammlung Görings im Park, im nahen Wald und im angrenzenden Großen Döllnsee versteckt. Dazu gehörten der Bronzeabguss der Nymphe von Fontainebleau, drei weibliche Bronzefiguren von Arno Breker, eine Bronzegruppe von Hans Krückeberg und der untere Teil einer weiblichen Gewandstatue, die sich heute alle in der Ausstellung im Jagdschloss Schorfheide befinden.

Bergung der Figuren
Der letzte DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel veranlasste im Juli 1990 die Bergung von fünf Skulpturen aus dem Großen Döllnsee, u.a. die von Arno Breker geschaffenen lebensgroßen Bronze-Statuen "Schreitende", "Eos" und "Anmut".



Bergung der Figuren aus dem Großen Döllnsee 1990, Ausschnitt (06:58 min.)


Gerhard Jarschel war Leiter der Bergung. Als ich ihn interviewte, stellte er sich als Kriminalhauptkommissar vor. Im Vorgespräch erwähnte er, dass er Mitglied einer Abteilung der ehemaligen DDR-Kriminalpolizei gewesen sei, die sich in der DDR auch mit der Suche nach "Kulturgut aus dem Dritten Reich“ befasste. Ihm war daher bekannt "...dass Bronzefiguren drin (im See) liegen.“ (Auch die Kunst und Antiquitäten GmbH der DDR, die zum Bereich Kommerzielle Koordinierung von Alexander Schalck-Golodkowski gehörte, war an diesem "Kulturgut" interessiert.) Die Bergung der Figuren erfolgte dann auf Weisung von Peter-Michael Diestel, der seit April 1990 Minister des Innern war, durch das Zentrale Kriminalamt (ZKA). Am 5. Februar 1990 war dieses Zentrale Kriminalamt durch den Befehl Nr. 0104/90 der zweiten Regierung Modrow gegründet worden, kurz nachdem im Januar der Runde Tisch die endgültige Auflösung des Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) erzwungen hatte. Keimzelle des ZKA war dabei die Hauptabteilung Kriminalpolizei des Ministerium des Inneren, die vor der Wende zentralen Aufgaben der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung nachging und zentrale Weisungsgewalt gegenüber den Kriminalabteilungen der Volkspolizei auf Bezirks- und Kreisebene ausübte. Vor der Wende betrug die Personalstärke dieser Abteilung ca. 150 Personen. Mit Gründung des ZKA wurde dieser Kern auf ca. 700 Personen aufgestockt und ein ehemaliges Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Berlin-Hohenschönhausen bezogen. Aus dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) seien dabei, laut dem damaligen GLKA-Sprecher, nur Kriminaltechniker, Haustechniker und Wachleute (insgesamt ca. 100) übernommen worden. Hohe Leitungsgpositionen des ZKA wurden anfänglich auch mit alten Führungskräften der DDR-Kriminalpolizei besetzt, die zuvor eng mit der SED und dem MfS zusammengearbeitet hatten. Nach der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit sollen allerdings auch über 500 Mitarbeiter und zum Teil ganze Abteilungen des MfS übernommen worden sein. (Berliner Morgenpost vom 6.5.1990). Das Gemeinsame Landeskriminalamt der fünf neuen Länder (GLKA) übernahm dann auf Grundlage des Einigungsvertrags vom 3. Oktober 1990 die Arbeit des Zentralen Kriminalamts (ZKA).




Interview Gerhard Jarschel (09:25 min.)


Die Gießerei Alexis Rudier, Hermann Göring und Arno Breker
Zitiert aus dem Vortrag von Dr. Gilbert Titeux Die Pariser Wurzeln“. Arno Brekers Beziehungen zu Frankreich vor und während der deutschen Besatzungszeit:
"...Die Gießerei Alexis Rudier (Name des Gründers) beschäftigte um 1941-42 mehr als 40 Arbeiter und Spezialarbeiter...(-)...Eugène, Sohn von Alexis Rudier, war der sehr kompetente und sachverständige Betriebsleiter der Gießerei. Breker kannte ihn und wollte unbedingt, in Aussicht auf seiner Pariser Ausstellung, mit ihm zusammenarbeiten....So erzählt er (Breker) in seinem Buch „Strahlungsfeld“, wie er Göring durch seine Pariser Ausstellung geführt hatte: «Die Qualität der ausgestellten Bronzen fiel ihm auf, er fragte nach dem Namen des Bronzegießers. Als ich ein Jahr später in Begleitung Speers Karinhall zum erstenmal besuchte, fand ich einige Bronzen im Rosengarten wieder, vereint mit dem herrlichen Diana-Relief Benvenuto Cellinis, dessen Original der Louvre hütet. – Auch dieser Bronzeguß stammte von Rudier. Göring hatte den Weg zu Rudier gefunden, aber von beiden wurde ich wohlweislich nicht über diese gemeinsame Aktion unterrichtet.» Es stellt sich aber aus verschiedenen Fotos und Dokumenten heraus, dass Breker regelmäßig in der Gießerei Rudiers zu sehen war, um z. B. die Nachbearbeitung und Patinierung der bestellten Werke zu begutachten (-) So musste er ja automatisch dort auch die für Göring vorbereitete Bronze gesehen haben. Wie auf diesem Bild z. B., wo man zwei der gegossenen weiblichen Statuen gut erkennen kann. Und über „Eos“ und der „Schreitenden“ hängt auch das Gipsmodell des Cellini-Reliefs....(-)...In der Korrespondenz von Hermann Bunjes, der in Paris während der Besatzungszeit Berater und Mittelsmann für die Kunstsammlung Görings war wird deutlich, dass Göring anlässlich der Pariser Ausstellung die verschiedenen Bronzegüsse bei Breker selbst bestellt hatte, und nicht hinter dessen Rücken, wie Breker uns das weismachen möchte!...(-)...Die drei erwähnten Statuen für Göring sind übrigens die weiblichen Figuren, die Sie hier, im Schorfheide-Museum sehen können."